L85 | Blumenthal, Paul | 25.12.1874 - 22.11.1939 |
Paul
Blumenthal
geb. 25.12.1874
gest. 22.11.1939
תנצב''ה
aus: Gisela Möllenhoff / Rita Schlautmann-Overmeyer, Jüdische Familien in Münster 1918 – 1945. Teil I Biographisches Lexikon, Münster ²2001
S. 76-77
BLUMENTHAL
Paul
25.12.1874 Harburg - 22.11.1939 MS
E: Leopold Blumenthal u. Ida geb. Philipp (20.3.1844 Schönebeck/Magdeburg - 14.3.1904 MS)
G: Walter (* 19.11.1872); Otto (* 28.8.1880)
Kaufmann, beeidigter Bücherrevisor. Kam kurz vor der Jahrhundertwende 1899 nach MS, wo er vorübergehend im Hause des Viehhändlers Salomon Gumprich eine Unterkunft fand. Als seine Mutter 1900 mit dem jüngsten Bruder Otto zuzog, wohnte die Familie Winkelstr. 23. Seit 1904 war er als beeidigter Bücherrevisor mit weitem Tätigkeitsfeld aktiv. Er prüfte Bilanzen, Rechnungen und Konto-Korrenten, Skripturen aller Art, erstellte Bücher-Revisionen und Bücher-Einrichtungen. Er empfahl sich als Gutachter und bei Liquidationen, Erbschaftsregulierungen und Vermögensverwaltungen. Ca. 1912 erwarb er das Haus Südstr. 16. Er war Soldat im 1. WK und erhielt für seine Teilnahme am 5.11. 1934 das "Ehrenkreuz für Frontkämpfer". 1921 wurde er zum Bücherrevisor für den Bezirk der Handelskammer MS ernannt. Er war 67 Jahre alt, als er aufgrund der NS-Herrschaft durch wirtschaftliche Not zum Verkauf des Hauses gezwungen war (19.12. 1937). Er konnte noch zur Miete dort wohnen bleiben. Knapp ein Jahr später wurden die Wohnungen jüd. Familien in seiner unmittelbaren Nachbarschaft demoliert, wie z. B. die seines Kollegen Otto Schwarz. Am 2.5.1939 mußte er aufgrund der NS-Zwangsmaßnahme alle Gold- und Silbergegenstände bei der Pfandleihe Dortmund abliefern, für die er einen Gegenwert von 722 RM erhielt. Er verstarb nach langer Krankheit am 22.11. 1939 und fand sein Grab auf dem jüd. Friedhof in MS.
∞ 4.7.1907 Halle/Saale
EHEFRAU
Emmy geb. Hirsch
15.4.1887 Halle/Saale - 24.1.1943 KZ Auschwitz
Zog mit ihrer Heirat nach MS und wohnte seit ca. 1912 im Eigentum Südstr. 16. Sie war in kinderloser Ehe verheiratet. Nach dem Tod ihres Mannes konnte sie, trotz des NS-Gesetzes vom 30.4.1939, das eine Konzentration von Juden in bestimmten Häusern vorsah, noch bis zum November 1940 in ihrer Wohnung verbleiben. Danach wurde sie in das Haus von Rechtsanwalt Dr. Max Meyer, Rudolfstr. 20, eingewiesen. Dieses mußte sie nach der Bombenzerstörung im Juli 1941 verlassen. Seit dem 15.9.1941 wohnte sie im "Judenhaus" am Breul 15. Seit diesem Tag mußte sie den "Judenstern" tragen. Nach der Deportation aller "arbeitsfähigen Juden" aus MS nach Riga wurde sie zum letzten münsterischen Ghetto, Am Kanonengraben 4, verbracht, wo sie im Parterre neben der Toilette ein Zimmerchen bewohnte. Kurz vor ihrer eigenen Deportation nach Theresienstadt stellte sie noch einen Antrag zum Verkauf von zwei Kontorstühlen, doch erreichte die Genehmigung sie nicht mehr. Außerdem schloß sie einen "Heimeinkaufsvertrag" über 3.600 RM für das Altersghetto Theresienstadt ab. Der Vertrag gab vor, daß ihr ein Altersheimplatz und Verpflegung auf Lebenszeit garantiert seien. Sie wurde am 31.7.1942 mit der Transport-Nr. XI/1-738 zusammen mit den letzten in MS lebenden Juden in das Ghetto Theresienstadt deportiert und am 23.1.1943 von dort unter der Nr. Cr-829 mit 1.800 weiteren Personen in das KZ Auschwitz verfrachtet, wo sie am 24.1.1943 ermordet wurde.
aus: Korrigenda- und Ergänzungsliste zum Biographischen Lexikon, August 2001
S. 4
BLUMENTHAL
Paul
Er war 63 Jahre alt, als er aufgrund der NS-Herrschaft durch wirtschaftliche Not zum Verkauf des Hauses gezwungen war.