L125 Scheiberg, Max
 01.06.1887 - 17.07.1911

Hier ruht
mein geliebter Sohn
unser lieber Bruder
Stud. med.
Max Scheiberg
geb. 1. Juni 1887
gest. 17. Juli 1911.

 

aus: Gisela Möllenhoff / Rita Schlautmann-Overmeyer, Jüdische Familien in Münster 1918 – 1945. Teil I Biographisches Lexikon, Münster  ²2001

S. 385
SCHEIBERG
Max

1.6.1887 MS - 17.7.1911 MS
Schüler des Städt. Realgymnasiums MS bis zum Abitur 1908. Er studierte anschließend Medizin in München, Berlin (?) und ab 1909 in MS. Starb vor Beendigung des Studiums nach langem Leiden am 17.7.1911. Sein Grab befindet sich auf dem jüd. Friedhof in MS.

S. 385-387
SCHEIBERG
Louis    
28.3.1858 Nordstemmen bei Hildesheim - 13.3.1897 MS
E: Schei Scheiberg (verstorben vor 1897 Hannover) u. Röschen geb. Altenberg (verstorben vor 1897 Hannover)
Kaufmann, Fellhändler. Er meldete am 3.9.1885 eine Häute- und Darmhandlung an, die Neubrückenstr. 20 und seit ca. 1891 Salzstr. 31 angesiedelt war. Die Firma führte in den 1920er Jahren Metzgereibedarfsartikel aller Art, konnte 1935 auf ein 50jähriges Bestehen zurückblicken, wurde aber bereits drei Jahre später am 15.12.1938 zwangsweise "arisiert". Louis Sch. verstarb mit 38 Jahren in MS und fand seine letzte Ruhestätte auf dem jüd. Friedhof in MS.

EHEFRAU
Dorothea (Dora) geb. Kaufmann
24.4.1865 Mülheim/Ruhr - 27.3.1926 MS
Geschäftsinhaberin. Beim Tod ihres Ehemannes war sie 32 Jahre alt und hatte nach dem Tod eines frühverstorbenen Kindes noch vier unmündige Kinder zu versorgen. Von diesen verstarb der älteste Sohn im Alter von 24 Jahren. Zur Sicherung des Lebensunterhaltes führte sie die Häute- und Darmhandlung, deren Lager sich am Mittelhafen 40 befand, erfolgreich weiter. Außerdem hatte sie 1902 einen ,Fellraum" im Schlachthaus gemietet. Ihr Mitarbeiter und späterer Prokurist Isaak Pels bezeugte bei ihrem Tode 1926, daß er "in der größten Harmonie" mit ihr zusammengearbeitet habe und sie "eine treue Beraterin" gewesen sei. Dora Sch. war langjähriges aktives Mitglied im "Israelitischen Frauenverein" MS. Sie wurde auf dem jüd. Friedhof neben ihrem 14 Jahre zuvor verstorbenen Sohn Max bestattet. Ihre drei sie überlebenden Kinder kamen im KZ ums Leben.

KINDER
Max
1.6.1887 MS - 17.7.1911 MS
... [siehe Textzitat oben] ...

Henriette  (Henny) ∞ UHLMANN, Emil
2.9.1888 MS - ca. 17.9.1942 KZ Chelmno/Kulmhof (?)

Louise Friederike
7.9.1892 MS - 14.11.1893 MS
Verstarb mit 14 Monaten. Ihr Grab befindet sich auf dem jüd. Friedhof in MS.

Gustav
13.10.1893 MS - 24.1.1945 KZ Dachau
Seine kaufmännische Ausbildung erhielt er seit dem 1.4.1910 in Mülheim/Ruhr. Dort diente er 1915 als Rekrut in einem Infanterie-Regiment und war bis zum Kriegsende Soldat. Am 6.12.1918 kehrte er nach MS zurück und am 8.2.1919 erfolgte seine Übersiedlung nach Rotterdam. Er war als Besitzer einer Wollkämmerei in Meppel/NL sehr erfolgreich, besaß die niederländische Staatsangehörigkeit und wurde in der NS-Zeit von Verwandten und Bekannten als Helfer bei der Emigration eingeschaltet, z.B. von seiner Schwester Henny Uhlmann ebenso wie von den Familien Scheiberg und Nachmann in Bielefeld. In einem Schreiben vom 12.12.1938 an das "Jüdische Flüchtlingskomitee" garantierte er deren Unterhalt für drei Monate. Bis August 1935 war er Eigentümer des elterlichen Hauses Salzstr. 31. Danach wurde von der Deutschen Arbeitsfront (DAF) in MS die Einsetzung eines Hausverwalters gefordert, da Gustav Sch. Ausländer sei und "ausländischer" Grundbesitz nur von Deutschen verwaltet werden dürfe. Daraufhin wurde das Grundstück auf die Schwester Henny Uhlmann überschrieben. Er wohnte 1939 in Rotterdam, Rottekade 112, und ermöglichte und bezahlte mit großer Wahrscheinlichkeit die Übersiedlung seiner Schwestern Henny Uhlmann und Amalia Obermeyer nach Luxemburg. Nach dem Einmarsch der deutschen Truppen in die Niederlande am 10.5.1940 konnte er sich selbst nicht mehr retten und wurde am 25.2.1944 mit seiner Familie und 811 weiteren Juden von Westerbork ins Ghetto Theresienstadt verbracht. Seine Frau, Vera van Esso (* 13.8.1906 Meppel/NL), und seine Tochter Dorothea (* 27.12.1930 Rotterdam) kamen am 6.10.1944 im KZ Auschwitz ums Leben, Gustav Sch. am Ende des Krieges im KZ Dachau.

Amalia (Mally)
18.6.1895 MS - 19.4.1944 Ghetto Litzmannstadt/Lodz
Sie heiratete mit 24 Jahren am 14.6.1919 in MS den Kaufmann Siegfried Obermeyer aus Bad Salzuflen und verzog mit ihm dorthin. Die Familie ihres Ehemannes war seit 1766 in Salzuflen nachweisbar und dort u.a. Besitzer eines der schönsten Fachwerkhäuser Langestr. 41 (heute Bädermuseum). Ihr Ehemann war als ältester Sohn von Salomon Obermeyer (1844 Salzuflen - 1927 Salzuflen) und Rosalie geb. Scheiberg (* 1855) Erbe des 1858 gegründeten Eisenwaren- und Haushaltsgerätegeschäftes, das er zunächst zusammen mit seinem Bruder Robert, nach dessen Tod 1931 als Alleininhaber betrieb. Dem Ehepaar wurden zwei Söhne geboren. Seit 1935 waren bereits Geschäftsverluste von 34.000 RM im Jahr zu verzeichnen, daher betrieb ihr Ehemann seit Juni 1938 den Umbau und die Verkleinerung bzw. Verpachtung seines Geschäftes. Im Novemberpogrom 1938 wurden Fensterscheiben und Büroeinrichtung zerschlagen, desgl. war in der Privatwohnung eine "erhebliche Zerstörung" zu verzeichnen. Als die Stadt Salzuflen zwei Häuser zu einem Niedrigstpreis (20.000 RM) kaufen wollte, gelang es ihm nach vorherigem Protest, einen Erlös von 34.000 RM zu erzielen. Für Auswanderungskosten, "Judenvermögensabgabe", Umzugsguttransport und Abfindung der Schwägerin wurde dieses Geld aufgebraucht. Seit Mai 1939 wartete Amalia O. mit ihrer Familie auf die Einreiseerlaubnis für England und erhielt sie am 28.8.1939. Die Emigration wurde durch den Kriegsausbruch verhindert. Wegen Verkauf des Hauses mußte die Wohnung in Salzuflen am 10.10.1939 geräumt werden, und sie verzog mit ihrem Ehemann nach Herford. Dieser protestierte am 4.11.1939 in einem Schreiben an die Oberfinanzdirektion MS wegen Konfiszierung eines Radiogerätes aus dem genehmigten und gegen Auswandererabgabe freigestellten Umzugsgut. Die Oberfinanzdirektion hatte keine Bedenken gegen die Mitnahme des Radios, erklärte sich jedoch für die Beschlagnahme nicht zuständig (7.11.1939). Am 18.4.1940 flüchtete Amalie O. mit ihrem Ehemann nach Luxemburg. Ihr Umzugsgut wurde in Rotterdam gelagert und während der Bombardierung der Stadt beim Überfall deutscher Truppen in die Niederlande im Mai 1940 vernichtet. Zur gleichen Zeit besetzten deutsche Truppen Luxemburg (10.5.1940) und das Ehepaar geriet knapp einen Monat nach der Flucht erneut in die Hände der Nationalsozialisten. Innerhalb kurzer Zeit wurden sie wieder der NS-Gesetzgebung unterworfen. Bei der Vermögenserklärung vom 30.12.1940 besaß das Ehepaar eine Couch und 250 RM. Sie wohnten in Luxemburg-Stadt, Carl Theodor André Str. 106, zusammen mit dem Ehepaar Emil Uhlmann. Von dort wurden sie vermutlich am 9.9.1941 in das von den Deutschen konfiszierte Kloster "Fünfbrunnen" (Cinqfontaines), einem Sammelghetto bei Uelflingen in der Nähe der deutschen Grenze, verbracht. Am 16.10.1941 gelangten sie mit dem ersten Transport aus Luxemburg in das Ghetto Litzmannstadt/Lodz. Bei ihrer Ankunft am 18.10.1941 wurde Amalia O. unter der Nr. 4.013 registriert und mit Schwester und Schwager in die ,Wohnung Nr. 16, Richterstr. 11/13", eingewiesen, die aus einem Zimmer für vier Personen ohne Wasseranschluß bestand. Ihr Ehemann kam im Ghetto am 16.9.1942 ums Leben. Als Todesursache wurde "herzschwach" angegeben. Er hatte die Sterbenummer 15.920. Zwischen dem 30.4.1942 und dem 26.3.1943 wurden dem Ehepaar 21 mal Geldbeträge zwischen zehn und 30 RM an ihre "Judenhausadresse" Uelflingen (Kloster Fünfbrunnen) zugesandt, die offensichtlich an das Ghetto Litzmannstadt, Richterstr. 11/13 weitergeleitet wurden. Ob das Geld in ihren Besitz gelangte, ist zweifelhaft. Bei ihrem Tod am 29.4.1944 in Litzmannstadt war Amalia O. als Arbeiterin und Witwe in der "Wohnung Nr. 7 an der H. Str. Nr. 13" unter der Sterbenummer 1.269/44 registriert. Sie wurde am 28.7. 1951 beim Amtsgericht Salzuflen für tot erklärt. Der Sohn Ernst (* 30.6.1920 Salzuflen), der am 27.8. 1938 nach Waalrijk/NL emigriert war, wurde von dort nach Auschwitz deportiert und kam am 2.1.1943 zu Tode. Der jüngere Sohn Hans (* 1.6. 1922 Salzuflen) konnte mit einem "Kindertransport" nach England gelangen und lebte 1990 in den USA.

 


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