L148 Stolzberg, Simon
 04.04.1833 - 06.10.1906

Hier ruht
mein lieber Gatte,
unser guter Vater
Simon Stolzberg
geb. 4. April 1833,
gest. 6. Octbr. 1906.

 

aus: Gisela Möllenhoff / Rita Schlautmann-Overmeyer, Jüdische Familien in Münster 1918 – 1945. Teil I Biographisches Lexikon, Münster  ²2001

S. 463-464
STOLZBERG
Simon

4.4.1833 Wolbeck - 5.10.1906 MS
E: Philipp Stolzberg (Dezember 1787 Münzenberg/Gießen - 25.1.1877 MS) u. Caroline geb. Jacobsohn (Januar 1805 Oelde - 23.2.1881 MS)
G: Jacob (25.1.1835 Wolbeck - 21.11.1921 MS)
Kaufmann. Er verzog um 1867 von Wolbeck nach MS, wo seine zehn Kinder geboren wurden. In seinem Eigentum Ludgeri-Laischaft 134, der späteren Clemensstr. 36, betrieb er eine "Manufacturwaaren-Handlung". 1897 wurde er Eigentümer des Hauses Viktoriastr. 9. Er war seit 1869 fast 40 Jahre im Repräsentanten-Kollegium der Synagogengemeinde MS tätig und gehörte dem Wohltätigkeitsverein ebenso wie der Beerdigungskommission an. Dazu unterstützte er die jüd. Lehrerbildungsanstalt Marks-Haindorf-Stiftung in MS (1884) mit geldlichen Zuwendungen und war 1893/94 eines von acht Mitgliedern aus MS, die dem 1890 gegründeten "Verein zur Abwehr des Antisemitismus" angehörten. Er förderte die Gründung eines israelitischen Altersheimes 1898 mit einem namhaften Betrag und konnte die Grundsteinlegung in Unna im Jahre 1904 noch erleben. Bei seinem Tod mit 73 Jahren hatte er sich bereits seit längerem aus Krankheitsgründen vom Geschäftsbetrieb zurückgezogen. Sein Grab befindet sich auf dem jüd. Friedhof in MS.

∞ 1866 Beckum
EHEFRAU
Amalie geb. Jacobsohn
28.11.1846 Oelde - 30.6.1941 MS
E: Abraham Jacobsohn (* Mai 1809 Oelde) u. Bertha geb. Falk
Von ihren zehn Kindern verstarben bereits vier als Säuglinge, darunter die beiden einzigen Söhne Isidor und Joseph jeweils mit elf Monaten. Ihren Mann überlebte sie um 35 Jahre und erreichte ein Alter von 94 Jahren. Sie war Eigentümerin des Hauses Viktoriastr. 4, hatte dieses jedoch 1920 an ihre bereits verwitwete Tochter Fanny in Saarbrücken gegen ein lebenslanges Wohnrecht verkauft. 1939/40 galt es als "Judenhaus", in das immer mehr Juden eingewiesen wurden. Bei ihrem Tode im Juni 1941 waren die drei noch in Deutschland verbliebenen Töchter Emma Reingenheim in Hannover, Bertha Stein in Essen und Sophie Lifges in Süchteln die Erben. Sie wurden Opfer des nationalsozialistischen Terrors. Offensichtlich konnten nur die Töchter Klara Koopmann und Ida Stein nach New York entkommen.

KINDER
Emma
24.10.1867 MS - 25.10.1867 MS
Fanny
5.11.1868 MS - 13.8.1943 Frankreich
Am 19.11.1888, kurz nach ihrem 20. Geburtstag, heiratete sie in MS den Kaufmann Josef Steinthal
(* 13.11.1859 Mogendorf/Unterwesterwald) und verzog nach St. Johann/Saarbrücken, wo ihr Mann vor 1920 verstarb. 1920 kaufte sie von ihrer Mutter das Haus Viktoriastr. 4 in MS und sicherte ihr vertraglich ein lebenslanges Wohnrecht. Bei ihrer Emigration 1938/39 nach Straßburg hatte sie die Mieteinkünfte ihrer Mutter zugesprochen, da ein Transfer des Geldes nicht möglich war. Als Besitz einer "Ausländerin" unterstand das Haus 1940 einer Zwangsverwaltung und die Mieteinnahmen wurden der Finanzkasse zugeführt, jedoch nach Protest zurückerstattet. Das Haus Viktoriastr. 4 galt ab 1939/40 als eines der 14 Judenhäuser in MS. Noch vor der ersten Deportation Münsteraner Juden erörterte das städt. Wohnungsamt in einem Schreiben an den Stadtrechtsrat am 6.12.1941 die zukünftige Aufteilung und Weitervermietung. Das Haus wurde vom Deutschen Reich beschlagnahmt. Fanny St. war zu diesem Zeitpunkt wie alle Straßburger nach Kriegsausbruch in die Dordogne evakuiert worden. Sie verstarb in Périgueux am 13.8.1943. Von ihren beiden Söhnen lebte Dr. Hugo Steinthal 1950 in Paris, der Sohn Paul war in Chicago verstorben. Ihre Tochter Johanna Neuschüler (* 12.10.1890) wurde von Büschfeld/Saar-Hunsrück deportiert und in Auschwitz ermordet.
Emma
30.8.1870 MS - 17.11.1941 Hannover
Die 21jährige heiratete am 26.4.1892 den zehn Jahre älteren Kaufmann Markus Reingenheim (10.10. 1861 - 21.7.1921) aus Westerkappeln, ein Sohn des 1876 verstorbenen Itzig Reingenheim und der Jette Marcus. Das Paar hatte vier Kinder, von denen zwei (Paul 1894, Bertha 1901) im Säuglingsalter verstarben. Am 7.12.1938 beantragte sie den Zwangsvornamen "Sara" lt. gesetzlicher Anordnung. Sie verzog am 17.11.1939 von Westerkappeln nach Hannover. Dort verstarb sie am 17.11. 1941 im Alter von 71 Jahren. Ihre Tochter Erna Meyer (* 24.5.1893 Westerkappeln) wohnte 1950 in Tel Aviv. Der Sohn Walter Rein (19.9.1896 Westerkappeln - 15.4. 1966) war 1950 Architekt in Los Angeles.
Ida ∞ STEIN, Samuel
21.4.1872 MS - 13.10.1946 USA
Joseph
8.4.1874 MS - 11.3.1875 MS
Isidor
21.1.1876 MS - 11.12.1876 MS
Bertha
12.10.1877 MS - Ghetto Litzmannstadt/Lodz
Sie heiratete am 10.8.1897 in MS den Kaufmann Levy Stein (7.11.1865 Beckum - 1922) und verzog nach Beckum, wo ihr Mann ein Herren- und Damenkonfektionsgeschäft in der Nordstr. 52 besaß, das sie nach seinem Tod 1922 weiterführte. Ihre drei Töchter und ihr Sohn wurden in Beckum geboren. Nachdem im Pogrom 1938 Geschäft und Wohnung zerstört worden waren, verzog sie mit ihrem Sohn Erich (* 29.4.1902) nach Essen, Moorenstr. 24. Von dort wurde sie am 27.10.1941 zusammen mit ihrer Tochter Else Reingenheim-Arnstein (* 10.7.1898) und ihrer Enkelin Ursula Reingenheim aus geschiedener Ehe in das Ghetto Litzmannstadt/Lodz deportiert. Der Sohn Erich wurde in Auschwitz ermordet. Das Schicksal der Tochter Hilda (* 20.1.1904 Beckum) ist unbekannt. Die jüngste Tochter Lieselotte Schaffer (* 13.3.1916 Beckum) gelangte nach Kanada. Bertha St. wurde am 6.6.1948 vom Amtsgericht Essen für tot erklärt.
Sophie
20.4.1879 MS - Ghetto Minsk
Ihre Ehe mit dem Kaufmann Jacob Lifges (* 18.2. 1869 Süchteln) wurde am 4.2.1902 in MS geschlossen, und sie verzog nach Süchteln, Hochstr. 39, wo die Kinder Ernst, Senta (* 18.5.1916) und Johanna geboren wurden. Sie wurde mit ihrem Ehemann mit dem Alterstransport am 24.7.1942 in das Ghetto Theresienstadt deportiert. Drei Tage vorher hatte das Ehepaar die in Palästina wohnende Tochter Johanna Wollstein von der bevorstehenden ,Reise" in Kenntnis gesetzt und die Hoffnung gehegt, weiterhin ein Lebenszeichen geben zu können, doch wurden sie von Theresienstadt in das Ghetto Minsk weiterdeportiert und ermordet. Die Tochter Senta war 1936 mit ihrem Ehemann Kurt Baum nach St. Tönies verzogen. Sie kamen in Auschwitz ums Leben. Die Tochter Johanna lebte 1949 in Tel Aviv, der Sohn Ernst war als französischer Offizier in Ostasien.
Klara
* 8.11.1886 MS, lebte 1951 in den USA
Sie heiratete am 18.11.1907 in MS Eugen David Koopmann (* 30.3.1877 Solingen), Sohn der Eheleute Kaufmann Hermann Koopmann und Franziska geb. Michelson aus Solingen, der zum Zeitpunkt der Heirat in Brüssel tätig war. Vermutlich zog das Paar dorthin. Während des 1. WK wohnten sie in Solingen. 1919 war sie für kurze Zeit in Beckum. Sie konnte in die USA entkommen.
Martha
21.11.1887 MS - 2.11.1888 MS

 


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