L18 | Cohen, Ottilie | 07.11.1872 - 15.03.1932 |
Ottilie Cohen
geb. Rosendahl
geb. 7.11.1872
gest. 15.3.1932
aus: Gisela Möllenhoff / Rita Schlautmann-Overmeyer, Jüdische Familien in Münster 1918 – 1945. Teil I Biographisches Lexikon, Münster ²2001
S. 87
COHEN
Ottilie geb. Rosendahl
8.11.1872 Aplerbeck/Dortmund - 15.3.1932 MS
E: Rika geb. Fischbein (18.6.1841 Erwitte - 1.8.1906 MS)
Wohnte seit ihrer Heirat in MS. 1901 war sie Mitglied des "Israelitischen Frauenvereins" in MS. Sie verstarb am 15.3.1932 im Alter von 59 Jahren nach langem Leiden und wurde auf dem jüd. Friedhof in MS begraben.
S. 86-88
COHEN
Benjamin (Benni)
14.5.1870 Krefeld - 18.9.1942 Ghetto Theresienstadt
E: Salomon Cohen, Metzger, (* 1814) u. Henriette geb. Fischbein (* 1829)
G: Emil (4.10.1864 Krefeld - 1946 USA)
Kaufmann. Seit ca. 1897 war er in MS ansässig und seit 1899 Inhaber des Seidenhauses "Roeder & Co.", das um 1895 als Spezialgeschäft für Seide, Samt und Plüsch in MS, Prinzipalmarkt 26 (1896 - 1904), gegründet wurde und sich dann Salzstr. 61 gegenüber der Lambertikirche befand. Er wohnte Prinzipalmarkt 26 (1900), Prinzipalmarkt 1 (1912) und Salzstr. 62 (1921). War Soldat im 1. WK und erhielt am 3.11.1934 das "Ehrenkreuz für Frontkämpfer". Sein renommiertes Geschäft hielt dem NS-Boykott nicht stand (korr. 30.3.2020 GM/MTW: Das Geschäft in bester Lage hatte schon der Weltwirtschaftskrise 1929 nicht standgehalten). Seit August 1933 war er als Vertreter für "Barmer Artikel" wie Spitzen, Litzen, Gummibandwaren, Seidenstoffe und Aachener Tuch unterwegs, die Zwangsabmeldung erfolgte nach dem Novemberpogrom zum 31.12.1938. Nach dem Tode seiner Frau 1932 bewohnte er mit seinen beiden Kindern eine Wohnung an der Hammer Str. 101, in die er nach dem Pogrom das Ehepaaar Dr. Alfred und Helene Steinberg aufnahm, das seine Wohnungseinrichtung im Hinblick auf die baldige Emigration verkauft hatte. Laut Zwangsvorschrift lieferte er im Frühjahr 1939 bei der städtischen Pfandleihe Dortmund 700 g Silber ab und erhielt als Gegenwert 12,30 RM. Sein Bruder Emil, der sein Teppichgeschäft in Bremen zwangsverkaufen mußte, schenkte ihm bei seiner Flucht nach Mexiko am 17.5. 1939 Wertpapiere und 3.000 RM. Am 15.11.1940 verkaufte Benjamin C. einen Teil der Wertpapiere, um den Lebensunterhalt sicherzustellen und holte dafür die erforderliche Genehmigung ein. Er wohnte zu diesem Zeitpunkt im "Judenhaus" Meppener Str. 27, das der Arztwitwe Hedwig Rosenberg gehörte. Im Januar 1942 erfolgte der Zwangsumzug in die Marks-Haindorf-Stiftung Am Kanonengraben 4 ("Judenhaus"). Als die Deportation unmittelbar bevorstand, unterzeichnete er am 30.7.1942 einen "Heimeinkaufsvertrag" mit einer Summe von 2.700 RM. Am 31.7. 1942 wurde er mit der Transport-Nr. XI/1-745 in das Ghetto Theresienstadt deportiert und ging bereits sechs Wochen später an den Lagerbedingungen zugrunde. Er wurde am 24.2.1955 für tot erklärt.
EHEFRAU
Ottilie geb. Rosendahl
8.11.1872 Aplerbeck/Dortmund - 15.3.1932 MS
... [siehe Textzitat oben] ...
KINDER
Erich
10.10.1897 MS - Ghetto/KZ Riga
Kaufmann. Als Anerkennung für seine Verdienste im 1. WK wurde ihm am 3.11.1934 das "Ehrenkreuz für Kriegsteilnehmer" verliehen. Absolvierte eine kaufmännische Lehre bei Filialen der Fa. Karstadt in Braunschweig und Bremen. Er wurde dort Einkäufer und Abteilungsleiter. Nach der NS-Machtübernahme verlor er seine Anstellung. Danach war er bis zur erneuten Kündigung für kurze Zeit bei der "Ehape" in Mönchengladbach tätig. Von Juli 1934 bis zum 30.9.1938 war er als Vertreter in Seidenstoffen und Tuchen, der Branche seines Vaters, unterwegs. Danach wurde durch den Entzug der Berechtigungsscheine allen Juden ein ambulantes Gewerbe verboten. Er wohnte mit seinen Eltern bzw. seinem Vater zusammen, zuletzt Hammer Str. 101. Von dort wurde er am 22.1.1940 zur Meppener Str. 27 ("Judenhaus") zwangseingewiesen. War zu Zwangsarbeit verpflichtet worden. Nach einer Information vom 10.1.1940 verwaltete er die Kleiderkammer der Synagogengemeinde, aus deren Beständen Mittellose eingekleidet wurden. Mit der ersten Deportation "arbeitsfähiger Juden" aus MS wurde er am 13.12.1941 in das Ghetto Riga deportiert. Er wurde am 24.2. 1955 vom Amtsgericht MS für tot erklärt.
Irma
13.4.1900 MS - 18.11.1981 England
Kam mit sechs Jahren auf die Ev. Töchterschule, die sie zehn Jahre lang bis zum Lyzeumsabschluß (Mittlere Reife) besuchte. Danach wurde sie in einem Pensionat in München in "gutem Benehmen" und Hauswirtschaftsführung unterrichtet (1916/17). Seit ihrer Rückkehr 1918 galt sie als Haustochter und ging keiner beruflichen Tätigkeit nach. Sie wohnte wie ihr Bruder bei den Eltern. Sie verlobte sich mit Gustav Scheiberg, aber diese Verbindung wurde wieder gelöst. Als England nach dem Novemberpogrom 1938 seine Einwanderungsgesetze für Kinder und Frauen lockerte, ergriff sie diese Gelegenheit und verpflichtete sich als Dienstmädchen. Am 10.6.1939 kam sie in England an und arbeitete während des Krieges in Sudbury, Suffolk und Bath. Nach dem Krieg zog sie nach London, versuchte ihren Vater nach England zu holen und erfuhr von seinem Tod im Ghetto Theresienstadt durch den Internationalen Suchdienst. Am 28.5.1948 erhielt sie die britische Staatsangehörigkeit. Sie verdiente ihren Lebensunterhalt u.a. mit der Herstellung künstlicher Blumen.