L19 Steinweg, Salomon
 13.01.1863 - 13.05.1932

Salomon Steinweg
geb. 13. Jan. 1863 - gest. 13. Mai 1932
Lina Steinweg
geb. Nathan
geb. 15. März 1865 - gest. 29. April 1934

 

aus: Gisela Möllenhoff / Rita Schlautmann-Overmeyer, Jüdische Familien in Münster 1918 – 1945. Teil I Biographisches Lexikon, Münster  ²2001

S. 447-449
STEINWEG
Salomon

13.1.1863/4 Wickede - 13.5.1932 MS
E: Levi Steinweg (1.4.1828 Wickede - 4.7.1905 MS) u. Amalie geb. Rosenthal (10.3.1827 Oestrich bei Iserlohn - 21.5.1914 MS)
G: Selig (* 2.2.1857 Wickede); Benjamin (13.2.1859 Wickede - 30.3.1940 MS); Carl (25.6.1861 Wickede - 21.5.1914 MS); Moses (* 10.12.1866 Wickede); Henriette  ∞ Levy (6.6.1869 Wickede - 31.3.1928 MS); Jacob (20.4.1871 Wickede - 13.5.1929 MS)

Anstreicher, Handelsmann, Rohproduktenhändler. Zog von Wickede um 1880 nach MS und gründete eine Familie. Er wohnte anfangs Wilhelmstr. 4 B (1888). Mit wachsender Kinderzahl wechselten die Wohnungen: Hoppengarten 11 A, (1892), Sternstr. 53, (1894) und Werse 99 (1897). Er gehörte aufgrund seiner Bedürftigkeit auf Vorschlag der jüd. Gemeinde MS in den 1890er Jahren zu den Unterstützungsbedürftigen, die aus der "Freiherrlich Amschel Mayer von Rothschildschen Stiftung" bedacht wurden. 1906 hatte sich seine finanzielle Situation gebessert, und er konnte das Haus An den Bleichen 5 als Eigentum erwerben. Zunächst übte er den erlernten Beruf des Anstreichers aus, verlegte sich dann auf den Handel mit Lumpen, Knochen und Altkleidern, später auf alle Altmetallsorten (Rohprodukten). Zwischen 1922 und 1924 betrieb er das Gewerbe zusammen mit seinem Sohn Paul. Das Hauptgeschäft wurde An den Bleichen 5 betrieben, eine Zweigniederlassung bestand ab 1924 am Dahlweg 2. Letztere wurde am 12.6.1931, ein Jahr vor seinem Tod abgemeldet. Mit seinem Tode 1932 im Alter von 69 Jahren erlosch der Betrieb. Seine Söhne hatten beruflich andere Wege eingeschlagen. Sein Grab befindet sich auf dem jüd. Friedhof in MS. Das Haus An den Bleichen 5 wurde 1935 (?) verkauft und der Erlös unter die Erben verteilt.

∞ 21.11.1887 Bornheim
EHEFRAU
Lina (Karoline) geb. Nathan
15.3.1865 Bornheim/Bonn - 29.4.1934 MS
E: Samuel Nathan, Glaser, (* 1826/27) u. Sara geb. Herz (* 1831/32)
G: Moritz (13.6.1860 Bornheim - 16.4.1925 MS); Emma ∞ Neuhaus (5.5.1868 Bornheim - 28.10.1942 Ghetto Theresienstadt); Rosalie ∞ Steinweg (4.1.1871 Bornheim - 20.3.1947 Palästina); Johanna ∞ Bienenstock (21.2.1872 Bornheim - 1956 Israel); Hermann (13.5.1875 Bornheim - 29.4.1942 Bielefeld, Freitod)

Nach einer Totgeburt wurden dem Paar acht Kinder geboren, die z.T. zum christl. Glauben konvertierten. Ein Sohn fiel als Soldat im 1. WK. Nach Palästina gelangte der Sohn Siegfried, der Sohn Paul emigrierte über Shanghai in die USA; die Tochter Else wanderte nach Italien aus, eine rechtzeitige Weiterreise nach Palästina kam durch kriegsbedingte Ereignisse nicht zustande, so daß sie im Internierungslager den Krieg überstehen mußte. Drei Kinder wurden deportiert, von denen nur Anna Kahn das KZ überlebte. Die in "privilegierter Mischehe" lebende Tochter Erna starb an einem verfolgungsbedingten Leiden.

KINDER
Siegfried
31.12.1889 MS - 27.11.1954 Israel

Samuel
5.7.1892 MS - gefallen 22.8.1914 Ethe/Belgien
Schuhmacher, ledig. Wohnte Sternstr. 53 (1895), Werse 99 (1903) und An den Bleichen 5. Im Oktober 1912 wurde er zum Militär eingezogen. Er meldete sich als Kriegsfreiwilliger (?) und wurde drei Wochen nach Kriegsbeginn als "vermißt" gemeldet. Er fiel im Alter von 22 Jahren am 22.8.1914 als Gefreiter der 7. Kompanie im Infanterie-Regiment Nr. 47 bei Ethe/Belgien, Provinz Luxemburg. Auf einer Gedenktafel in der Synagoge in MS wird das Andenken an ihn gewahrt.

Paul
30.7.1894 MS - USA

Else
31.1.1897 MS - 26.10.1965 Israel
Sie erhielt eine Ausbildung zur Schneidermeisterin in Berlin. Zog am 18.3.1916 nach Güstrow, wo der ältere Bruder Siegfried als Lehrer tätig war. War bei ihrer Heirat "Geschäftsinhaberin" in Güstrow, Domstr. 4. Sie heiratete in einer Doppelhochzeit am 14.7.1922 in MS Rudolf Seelig, Bruder ihres Schwagers Reinhold Seelig, der Abteilungsleiter im Kaufhaus Wertheim in Rostock war und verzog von Güstrow mit ihm dorthin. Sie betrieb ein Schneideratelier mit sieben Angestellten und befand sich in guten Vermögensverhältnissen. Da die Ehe kinderlos war, wuchs ihre Nichte Anita Seelig bei ihnen auf. Um 1933/34 hielt sich das Ehepaar besuchsweise in MS auf und emigrierte mit der Pflegetochter Anita am 29.10.1934 nach Mailand. Dort lebten sie, wie alle Emigranten, ohne Arbeitserlaubnis und mehr schlecht als recht von ihren Ersparnissen. Else S. erwirtschaftete durch Nähen und Vermieten ein kleines Zubrot. Reinhold S. unterstützte seine Tochter Anita mit zehn RM Devisen monatlich. Nach der Emigration von Anita S. am 5.4.1939 mit der Jugend-Alija nach Palästina und dem Beginn des Krieges, blieb Else und Rudolf Seelig nur die illegale Einwanderung nach Palästina. Der Kauf einer Schiffspassage in Richtung Osten gelang, doch wurden sie vom Kapitän in Bengasi, der Hauptstadt der Provinz Cyrenaica/Libyen an Land gesetzt und von den libyschen Behörden nach Neapel zurückgeschickt. Dort wurden sie im Gefängnis inhaftiert, anschließend im Internierungslager Ferramonti di Tarsia festgesetzt; schließlich lebten sie im Dorf Lauri bei Potenza, Lukanien. Bevor die alliierten Truppen, die am 10.7.1943 in Sizilien landeten, sie befreien konnten, erlag der Ehemann dort am 30.3. 1943 einer Lungenentzündung und wurde auf dem Dorffriedhof bestattet. Mit dem erstmöglichen Schiff gelangte Else S. zu Pessach 1945 nach Palästina. Sie lebte bis zu ihrem Tode 1965 im Kibbuz Petach Tikwah/Galiläa zusammen mit ihrer Nichte und Pflegetochter Anita Seelig.

Meta ∞ SEELIG, Reinhold
2.4.1899 MS - November 1943 Ghetto/KZ Riga

Erna
14.9.1901 MS - 14.10.1944 MS
Sie wurde in MS als sechstes von acht Kindern geboren und wuchs An den Bleichen 5 auf. Am 23.11. 1926 heiratete sie in MS den Buchhalter Max H.
(* 9.2.1899, kath.) aus Everswinkel und konvertierte. Das Paar lebte mit dem am 2.8.1928 in MS geborenen Sohn Geiststr. 21. Da ihre Ehe von den Nationalsozialisten als "privilegierte Mischehe" eingestuft wurde, blieb Erna H. von den vier Deportationen, die zwischen Dezember 1941 und Juli 1942 in die "Arbeitslager" in Polen und Lettland bzw. in das Altersghetto Theresienstadt gingen, verschont. Am 19.9.1944 wurden jedoch auch die jüd. Partner aus "Mischehen" in der Nacht verhaftet und über das Zuchthaus MS in das Arbeitslager Kassel-Bettenhausen verbracht. Mit dieser Verschleppung gelangte ihr Sohn in den Steinbruch von Helsa im Kaufunger Wald bei Kassel. Sie selbst wurde nach ihrer Verhaftung mit Gallenkoliken, die durch die Aufregung hervorgerufen waren, ins Franziskus-Hospital gebracht. Dort wurde sie operiert, wodurch der Chefarzt Dr. Schlief einen Aufschub des Abtransportes erreichen wollte. Als Erna H. aus der Narkose erwachte und von der Verschleppung ihres Sohnes erfuhr, erlitt sie einen Herzschlag. Aufgrund der ausgestellten Todesbescheinigung konnte der Sohn, der später bei einem Verkehrsunfall zu Tode kam, zu seinem Vater zurückkehren.

Anna ∞ KAHN, Adolf
* 5.6.1903 MS, lebte 1991 in Israel

Leo
11.6.1906 MS - Ende Februar 1945 KZ Flossenbürg

aus:  Korrigenda- und Ergänzungsliste zum Biographischen Lexikon, August 2001

S. 17
STEINWEG
Salomon
13.1.1864 Wickede - 13.5.1932 MS

 


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